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Entstehung und Herkunft des Namens Fudickar

Um die Entstehung und Herkunft des Namens Fudickar rekonstruieren zu können, müssen wir zunächst die allgemeinen Ursachen für die Erschaffung von Familiennamen genauer untersuchen. Seit Beginn des 12. Jahrhunderts fand in dem Gebiet des damaligen salischen Kaiserreiches zu dem bestehenden Rufnamen eine weitere Personenbezeichnung – der Familienname – nach und nach Einzug. Grund hierfür waren unter anderem das schnellere Bevölkerungswachstum und die sich dadurch vergrößernden Ortschaften, als auch die steigende Mobilität im Handel gewesen. Das Gros der Nachnamen entstand im Spätmittelalter zwischen der Mitte des 14. und des 16. Jahrhunderts.

Bei der Auswahl der Art des Zunamens können wir insbesondere vier große Gruppen nennen: Namensbildung aus Ortsnamen, aus Berufen, aus Rufnamen und aus besonderen Ereignissen oder Eigenschaften. Eine Kombination aus mehreren dieser Komponenten war auch möglich und fand in zahlreichen Sonderfällen Anwendung. Aus der Epoche des Althochdeutschen (750-1150 n. Chr.) sind bereits Fälle von Familien mit Zunamen belegt, in der Epoche des Mittelhochdeutschen (1150-1350 n. Chr.) begann jedoch die eigentliche Blütezeit der Namensgebung mit Ihrem Höhepunkt im Frühneuhochdeutschen (1350-1650 n. Chr.).

Die Pflicht, einen Zunamen zu führen, kam hierzulande erst im Verlaufe des 15. Jahrhunderts auf, um zum Beispiel das Erb- und Steuerrecht praktikabler zu machen. Fortan erhielten Frauen und Kinder den Namen des Ehemannes beziehungsweise Vaters. Vor dieser Zeit war es Gang und Gäbe, Namen aus den unterschiedlichsten Gründen einfach selbst zu ändern. Anlässe hierfür boten beispielsweise die Änderung des Wohnortes, Nichtgefallen des aktuell gebrauchten Namens oder Berufswechsel.

Wenden wir uns nunmehr der Familie Fudickar zu. Erste Belege des Namens finden wir in den Urkunden des Klosters Werden. Auf einem Fragment einer Rechnung unter dem Datum 28. Oktober 1397 wird die Burganlage Fudickar mit den Hof- und Wirtschaftsgebäuden erwähnt. 1404 n. Chr. wird Teyl Fudickar als erster Namensvertreter amtlich dokumentiert erwähnt, welcher das Gut in der Honschaft Rützkausen – nahe dem heutigen Wuppertal – bewirtschaftete. „Rützkausen“, früher „Hrosteninghusen“, bedeutet: „bei den Häusern der Sippe des Hrosten gelegen“. Gemeint ist Graf Hrosten, einer der ersten Lehnsherren der Region, aus der Zeit um 815 n. Chr. Zu dem Gut gehörten, aus alten Quellen hervorgehend, circa 322 Morgen Land, für damalige Verhältnisse eine beträchtliche, weit überdurchschnittliche Größe. Die ältesten Teile des Hofes beinhalteten noch einen Wohnstall in Verbindung mit einem dreistöckigem Wehrspeicher [Steingaden] und zwei uralten, ineinandergebauten Gütern. Ein Indiz dafür, dass das Anwesen schon bei seiner frühesten Erwähnung, 1397 n. Chr., ein sehr hohes Alter gehabt haben musste. In den ältesten Teilen der Gebäude konnten zwei Platten mit Inschriften in die Wand eingelassen aufgefunden werden. Auf der einen Platte stand: „Wir bauen hier so fest und sind doch fremde Gäst“ und auf der anderen: „Wo wir ewig sollen sein, da bauen wir so wenig ein“. Diese Platten bezeugen die tiefe Gläubigkeit der frühen Fudickars und deren Überzeugung.

Zwei Bedeutungskomponenten bilden den Familiennamen: das lateinische, gebeugte Verb „fudi“ sowie das mittelhochdeutsche Substantiv „Kar“. Beachte man den grammatikalischen Zustand des Verbs „fudi“ so fällt auf, dass es sich um 1. Person Singular Perfekt, Indikativ von „fundere“ in der Aktivform, handelt. Der Bedeutung nach heißt das übersetzt soviel wie „ich habe ausgegossen / ich habe ausgeschüttet“. Das mittelhochdeutsche Substantiv „Kar“, die eigentliche althochdeutsche Schreibweise ist „Char“, sagt „tiefe Schüssel“ oder auch „Gefäß“. In erster Linie steht ein „Kar“ jedoch für das altdeutsche, gebräuchliche Hohlmass für Getreide. Ein „Kar“ entspricht je nach Art des Korns zwischen 190 kg und 240 kg Getreide. Zugrunde liegt für das althochdeutsche Substantiv „Char“ das germanische Wort „kasa“ oder auch „kaza“ für „Gefäß“.

Der Namensgeber des Namens Fudickar hatte demnach wohl bereits Anfang des 12. Jahrhunderts, also im mittelalterlichen Reich von Kaiser Heinrich V., auf dem Gute Fudickar gelebt. Er müsste sich, im Hinblick auf die 1. Person Singular von „fundere“ selbst den Namen verliehen haben und in Bezug auf das Tempus des Verbs von einer Handlung berichten, welche er selbst kürzlich oder gerade vollbrachte oder vollbracht hat und besondere Aufmerksamkeit verdiente.

„Ich habe das Gefäß [Kar] mit Getreide ausgeschüttet!“ ist die Botschaft des Namens, welcher älter ist als fast alle deutschen Familiennamen. Vielleicht handelte es sich bei dem Ereignis um eine Armenspeisung während einer Hungersnot? Der Namensgeber hatte höchstwahrscheinlich mehr als genug Korn zur Verfügung, um diese Periode zu überdauern und Getreide an Hilfebedürftige abgeben zu können. Oder meinte er etwa das biblische Bekenntnis „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“? Im Zusammenhang mit den oben erwähnten christlichen Tafeln, liegt diese Erklärung im Rahmen des Möglichen.

Nach Auswertung der Daten von 178 zufällig ausgewählten Fudickars, aus der Zeit zwischen Martin Luther und der Französischen Revolution, konnte ein Durchschnittsalter bei Männern und Frauen von ca. 66 Jahren ermittelt werden. Zwischen 4 und 13 Kindern pro Familie spiegelt für damalige Verhältnisse erwartungsgemäße Ergebnisse wieder. Die Kindermortalität lag in der Zeit zwischen Mittelalter und Barock allgemein viel höher als in der Gegenwart, so dass die statistische Zahl der Kinder, welche das Erwachsenenalter erreichten, bei 6 lag.

Statistische Auswertung von Alter und Geburtenrate, bei Mitgliedern der Familie Fudickar in der Zeit vom Spätmittelalter bis ins Barock:

 Auswertungszeitraum  1520-1780 n. Chr.
 Ausgewertete Daten  178 Fudickars
 Durchschnittsalter Mann  65,7 Jahre
 Durchschnittsalter Frau  66,2 Jahre
 Durchschnittliche Kinderzahl  7 Kinder
 …davon Söhne  4 Söhne
 …davon Töchter  3 Töchter

 

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